Fotografische Ansichten Ausstellung vom 24. Juni bis 3. September 2017
Werner Barfus
Ulrike Harbach
Anne Kaiser
Ellen Katterbach
Evangelos Koukouwitakis
Bernard Langerock
Wilfred H. G. Neuse
OSTERKOEZLE
Uwe Priefert
Lars Ulrich Schnackenberg
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Mehr als jedes andere Bildmittel hat die Fotografie unsere Wahrnehmung der Welt geprägt und unser Verhältnis zur Wirklichkeit verändert. Sie ist ein allgegenwärtiges Medium: Sowohl die Technologie als auch ihre Erzeugnisse sind Bestandteile unseres Alltags, über die wir zumeist ohne größeres Nachdenken verfügen. Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass die Fotografie im aktuellen Kunstbetrieb immer breiteren Raum einnimmt. Kann ein Massenmedium Kunst sein?“ fragte sich 2002 Andrea Gern im Kunstlexikon der Fotografie.
Die Antwort lieferte schon Henry Fox Talbot, der Erfinder des fotografischen Abzugs auf Papier. Er war bereits vor etwas mehr als 160 Jahren der Ansicht, die Fotografie sei »eindeutig ein Werkzeug (…), das in die Hände des findigen Geistes und der Kunst« gehöre.
Die Diskussion, ob die Fotografie eine Kunst sei oder jemals eine werden könne, beschäftigte die Kunsttheoretiker seit der Erfindung der Fotografie. Während sich das neue Medium für Porträts und Reportagen rasch durchsetzte, blieb die künstlerische Anwendung anfangs selten. Das Hauptargument, dass Fotografie keine Kunst sein könne, lag und liegt an dem technischen Vorgang, bei dem der Fotograf nichts anderes als den Auslöser zu betätigen habe.
Eine erste Kunstfotografie entstand allerdings schon Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Bemühen, mit der Kamera die Malerei zu imitieren, einerseits wurden Bilder z. B. unschärfer gemacht, andererseits wurden in Studios Menschen in malerischen Umgebungen abgebildet, ähnlich der Porträtmalerei.
Auf der anderen Seite war die Fotografie stilbildend für den Impressionismus (Momentfotografie), dessen erste Ausstellung in einem Fotoatelier stattfand. Die künstlerische Fotografie löste sich jedoch rasch von dieser Zielsetzung und gliederte sich in zahlreiche Stilrichtungen und Genres auf.
Das Museum entdeckte die Fotografie erst spät als sammlungswürdige Kunstform. Lediglich das Museum of Modern Art in New York verfügt seit seiner Eröffnung im Jahr 1929 über eine eigene Abteilung für Fotografie. Die meisten europäischen Museen begannen erst in den 1960er und 1970er Jahren mit dem Aufbau fotografischer Sammlungen.
Seit den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts beginnen Auktionen im Bereich Fotografie selbstverständlich zu werden, Foto-Galerien sind keine Seltenheit mehr, wie auch die Messe in Basel letztes Wochenende (11. – 18. Juni 2017) gezeigt hat. Es wird wieder viel Fotografie gehandelt.
In der ZEIT Nr. 26/2017 und Zeit-online, erwähnt Tobias Timm die Behauptung, dass das 20., auf jeden Fall aber das 21. Jh. die Epoche der Fotografie bzw. der fotografischen Medien sei. Als Beispiel nennt er den Fotograf und Gegenwartskünstler Wolfgang Tillmans, dessen Kunst auf der Art Basel am häufigsten zu sehen war und auf den sich derzeit ganz offensichtlich sowohl das Geld als auch die Museen einigen können. Bei Sotheby’s in New York war Mitte Mai eines seiner Bilder für den Rekordpreis von 660.000 Dollar brutto versteigert worden.
Das Spektrum der Fotografie ist dabei von der Technik- und Themenvielfalt bis hin zu ideologischen Auseinandersetzungen, Gedanken über Realität und Vision, Dokumentation und Inszenierung, Ideal und Idyll, Experiment und Tradition, Aura und Zeit, Einmaligkeit und Reproduktion so reich, dass es dem Bedeutungskosmos der Malerei in Nichts nachsteht.
Auch hier in der Galerie wird ein großes Spektrum an Exponaten gezeigt, die die persönliche Auseinandersetzung des Künstlers oder der Künstlerin mit gewissen Themen und Prozessen u.a.m. zeigt.
Werner Barfus, der schon mehrmals hier ausgestellt hat, zeigt dieses Mal einen Ausschnitt aus seiner Serie „City on car“. Im Ratinger Museum waren es faszinierende Stadtlandschaften, die dem Betrachter völlig neue Einblicke in das städtische Umfeld und seiner Architektur als Reflektionen im Glas und auf Lack eröffneten. Hier sind es sehr reduzierte Blickwinkel, die in ihrer Formensprache faszinieren.
Ulrike Harbach richtet ihren Fokus auf die Relikte einer vergangenen Kultur. Bekannt sind ihre Fördertürme der Ruhrgebietszechen, Wassertürme und Verwaltungsgebäude. In einem aufwändigen fotochemischen Prozess überträgt die Künstlerin Fotografien auf vorbehandelte Metallplatten. Daraus ergeben sich faszinierende Kontraste zwischen den Strukturen des Untergrunds und den großflächig verfremdeten Schwarz-Weiß-Aufnahmen, deren Wirkung durch die Sepiatönung noch verstärkt wird.
Anne Kaiser setzt sich seit 1993 künstlerisch mit den Themen Architektur, abstrakte Details und Landschaft auseinander. Hier zeigt sie Arbeiten, die sich auf klaren Linien und in anderen Werken auf organische Formen beziehen. Das Verbindende zwischen beiden Welten der fotografischen Position spiegelt sich in der Einfachheit, Kargheit der dargestellten Objekte wieder. I.d.R. sind es schwarz/weiß-Fotografien.
Das Geschehene und Vergangene ist für Ellen Katterbachs Arbeiten wichtig. Ausgangsbasis sind gesammelte, alte Dias, anonyme Erinnerungsdokumente fremder Menschen. Sie weisen bereits Alterungsspuren auf und werden einem weiteren bewusst herbeigeführten Verfallsprozess ausgesetzt. Dieser künstlerische Umgang mit der Patina der Zeit zeigt sich in einer neuen geheimnisvollen Welt, losgelöst von Vergangenheit und ihren Menschen. Altern und Zerfall sind erwünschte Prozesse, die sie begleitet. Feuchtigkeit und andere Schäden führen zu interessanten Veränderungen. Erst wenn ein bestimmtes Stadium erreicht ist, werden die Bilder erneut fotografiert und vergrößert. So werden aus banalen Familienfotos faszinierende Vanitas-Bilder.
Evangelos Koukouvitakis überzeugt mit handwerklich brillanten Fotografien, die an Stillleben der Renaissance und des Barock erinnern. Seit 2016 gibt es dieses neue Thema. Es sind unbelebte Objekte, Arrangements oder von Menschen produzierte Dinge, dekorativ angeordnet mit einer besonderen Ästhetik dargestellt. Es sind dabei Gegenstände der modernen Gesellschaft, die den gewissen Unterschied zum Barock ausmachen, aber auch auffordern über das Leben nachzudenken, über die Vergänglichkeit und den Tod.
Bernard Langerocks Fotografien sind Transformationen und Abstraktionen, die mit hohem ästhetischen und inhaltlichen Anspruch von der dokumentarischen zur symbolischen Fotografie führen. Schwerpunkte seiner Arbeiten liegen in der Suche nach Spuren verschiedenster Art und Weise, die im Zusammenhang mit Erinnerungen und Reflexionen die Motive bestimmen. Es sind Menschen in der Gesellschaft, aber auch einfache Strukturen in der Natur und Architektur. Bestimmt werden seine Arbeiten durch zahlreiche Auslandsprojekte weltweit. Für Bernard Langerock sind Fotografien „das Ergebnis reflektierender Urteilskraft, sie entstehen als Plakative und entwickeln sich weiter als versuchte Explikate im Kontext ihrer Zeit.“
Eine Annäherung zwischen Fotografie und Malerei verfolgt Wilfred H. G. Neuse in vielen seiner Projekte, die jeweils ihre eigene Geschichte erzählen. Polaroid-Sofortbilder, seine sog. „Painterroids“ bestimmen einen seiner fotografischen Schwerpunkte. Durch digitale Bearbeitung und Modifikation wird hier ein Diskurs über Fiktion und Realität angestoßen. Wilfred Neuse: „Wenn wir davon ausgehen können, vor dem unbegreiflichen Hintergrund aus dem Nichts entstanden zu sein, um dann irgendwann wieder im Nichts zu verschwinden, fällt es mir erstmal äußerst leicht, banalen und vermeintlich sinnlosen Dingen eine besondere Bedeutung zu geben.“ (06-05-2011)
Sigi Koezle, Künstler und Fotograf aus Velbert, arbeitet als Künstlerduo unter dem Namen OSTER+KOEZLE seit mehr als 17 Jahren mit dem Maler Willy Oster, am Thema ‚Raum‘. „Leere Räume“, so Sigi Koezle, „geben mehr, als man denkt.“ Seither entstanden mehrere Werkreihen, deren gemeinsames Charakteristikum das Verschmelzen von Raumansichten mit artefaktischen, homogenen und gänzlich untexturierten Farbflächen ist, die ausschließlich mit Hilfe elektronischer Bildbearbeitung entstehen. Die Räume verändern digital ins Bild geschobene Farbflächen – mal kontrastierend, mal Ton in Ton. Was nur auf den ersten Blick wie Kulissenbau wirken mag, ist pure PC-Kunst.
Uwe Priefert, der an der Kunstakademie Düsseldorf bei Daniel Hees, Peter Kleemann und Gerhard Richter studierte, fasziniert das Element Wasser. Wasser hat eine ganz besondere Anziehungskraft. Es ist lebensrettend, aber auch gefährlich, faszinieren schön und mystisch. Uwe Prieferts Wasserspiegelungen erinnern in ihrer Formensprache und Farbigkeit an abstrakte Malerei, u.a. an die Malerei des amerikanischen Malers Mark Rothko.
Der Kunsthistoriker Dieter Ronte, der ausgehend von Kandinsky und Klee, die sich auf die Linie als dynamischen Punkt, der über die Linie zur Fläche und Gestaltung führt, schreibt zu den Fotografien Lars Ulrich Schnackenbergs. „Wenn heute Künstler wie Schnackenberg vom Punkt ausgehen, ist es ein vollkommen anderer Ansatz als bei Kandinsky und Klee“. „Aus dem Punkt – heute Pixel – entsteht ein Raster, welches sich zu einem Bild entwickelt. Je nach Dichte der Pixel entstehen feine oder grobe Strukturen, die eine dem der entsprechende Atmosphäre im Bild entstehen lassen.“ Bei dem Projekt Grenzland sind es Fragmente von Bildern, die Erinnerung beim Betrachter wachrufen durch partiell unterbrochene Raster.
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